1. Der Sinn des Spielens
Grundsätzlich liegt in der Ausübung einer Sportart kein besonderer Sinn, denn sie erfolgt ausschließlich freiwillig, keiner wird gezwungen, einen Sport zu betreiben. Durch Sport wird man nicht besonders weise, man löst keine Rätsel der Natur, wird im Regelfall nicht besonders reich und auch nicht satt. Zum überwiegenden Teil wird Sport betrieben,weil es gesund ist und als Ausgleich nach der Arbeit.
Man hört oft, dass er Spaß machen soll. Aber wie ist es denn in der Realität mit dem Spaß? Da Sport angeblich eine der schönsten Nebensachen der Welt ist, müsste man eigentlich den Spaß auch als Hauptmotivation annehmen. Aber wenn ich so sehe, wie sich bei Spielen, gleichgültig ob bei Turnieren oder Trainingsspielen, Profis wie Amateure sich auf dem Platz ärgern, dann kann das keinen Spaß machen. Kann ich nur dann Freude empfinden, wenn ich immer gewinne, oder kann ich mich nicht auch freuen, wenn der Partner einen guten Ball schlägt oder eine gelungene Aktion stattfindet?
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Immer wieder beobachtet man, dass sich Spieler selbst beschimpfen und Wutausbrüche ins Spiel kommen. Darin kann doch nicht der Sinn des Spielens liegen.
Jetzt könnte man einwenden, dass keiner auf den Platz geht, um sich zu ärgern, sondern um zu gewinnen, darin liegt der Sinn des Spielens.
Man könnte hier differenzieren zwischen Spielern, die einen oder zwei Sätze spielen, gar kein Punktspiel machen, oder Turniertennis spielen . In allen Fällen sollte meiner Meinung nach die Freude am Spiel die Hauptmotivation sein. Ärgern ist eine normale menschliche Reaktion, die einfach geschieht, aber warum ?
Ich habe oft bei einigen Freunden beobachtet, dass der Ärger schon losgeht, wenn sie den allerersten Schlag nicht über das Netz bringen. Sobald ich das Spielfeld betrete, sollte ich wissen, dass ich Fehler machen werde, aber viele können nicht damit umgehen. Ich muss lernen, meine Fehler zu akzeptieren, mit ihnen zu leben. Dies wäre der erste Schritt zu einem ausgeglicheneren Spieler, der wirklich Spaß am Spiel haben kann. Nach einer Theorie von Abraham Maslow sind die meisten Menschen "Defizit motiviert“,dies bedeutet, sie werden durch Mangel befriedigt.Tritt dieser Mangel nicht ein, so wird er künstlich herbeigeführt. Ausdruck der Defizitmotivation sind ja verbale Angriffe gegen sich selbst.
Wir alle kennen sie ja: Ich spiele so schlecht wie' nie, ich habe immer Pech, alles was ich mache, geht daneben. Oder auch in anderen Bereichen: Ich bin zu ungeschickt eine Tasse richtig hinzustellen, wenn sie auf den Boden gefallen ist. '
Der eine ärgert sich beim ersten Fehlschlag, der andere nicht. So unterschiedlich wie die Spielfähigkeiten sind auch die Verhaltensweisen bei einem Fehlschlag.
Positives Denken ist ein gutes Schlagwort, nur sollte es vielleicht anders definiert werden. Man kann nicht aus jedem Missgeschick, was einem passiert, mental etwas Günstiges machen und dann versuchen, daran zu glauben. Wenn ich mir einen Arm breche, so ist das nicht positiv. Positiv wäre es, sich zu überlegen, wie es dazu kam und wie ich beim nächsten Mal so etwas vermeiden kann. Positiv Denken bedeutet für mich nicht nur die nahe liegenden zwei Möglichkeiten von gut und schlecht zu sehen, sondern nach Alternativen suchen, die weitere Lösungsmöglichkeiten eröffnen, denn es gibt oft mehr als nur zwei Lösungen.
Hier kommen wir zum Thema Wertungsneutralität. Ich muss versuchen, die spontane emotionale Erstbewertung zu objektivieren, nicht alles,was auf den ersten Blick für mich positiv oder negativ erscheint, muss auch tatsächlich so sein. Kreativität innerhalb der vorhandenen Lösungsmöglichkeiten, Bereitschaft zum Dialog, Kompromissbereitschaft, Wertschätzung und Achtung vor dem anderen und seiner Meinung, das ist meiner Meinung nach positives Denken.
Spielen soll ein Kampf in erster Linie gegen sich selbst sein, um seine Leistungsgrenze zu erfahren. Wenn man dies erreicht hat, so ist das Ziel einer Sportart auch erreicht, unabhängig davon, ob der Sieg. errungen wurde.
Ziel des Sports ist zuerst der Vergleich, der eventuelle Sieg ist das Resultat aus diesem Vergleich.
Habe ich meine größtmögliche Leistung erbracht und bin nicht Erster, so habe ich mein Ziel trotzdem erreicht. Auch dann bin ich mit meiner Leistung zufrieden, nur war der andere besser.
Dies zu akzeptieren fällt vielen Sportlern schwer, so suchen sie nach Ausreden für eine Niederlage. Entweder waren es die äußeren Bedingungen oder die Schiedsrichter, selten eine gute Leistung des Gegners oder eine eigene schlechte Leistung. Es reicht nicht aus, nur Verlierer sein zu können, man muss auch ein guter Verlierer sein, das heißt ein ehrlicher Verlierer. Verlieren will gelernt sein, denn keiner wird gut und zum Gewinner ohne Niederlagen.
Ziele können sich im Verlauf eines Tennisspieles verändern und neu modifiziert werden. Nach einem hoch verlorenem 1. Satz kann man weiter machen wie bisher, oder versuchen, Veränderungen vorzunehmen, um das Spiel in eine andere Richtung zu lenken. Es ist ein Unterschied, ob ich als Nr. 300 gegen die Nummer 1 spiele, oder als Nr.2 gegen die Nr. 1. Somit ist die Zielrichtung anders, hier kann das realistische Ziel der Nr. 300 nicht der Sieg sein.
Um einen Spieler als Trainer beurteilen zu können, muss er ihn beobachten, wenn er verliert, und nicht, wenn er gewinnt. Bei einer sich anbahnenden Niederlage werden die Mängel eines Spielers sichtbar und nicht bei einem Sieger. Zuerst muss der Grund für eine Niederlage bei sich selbst gesucht werden, denn dort ist sie fast immer zu finden. Die äußeren Bedingungen sind für alle gleich, nur wird der eine besser damit fertig als der andere. Somit liegt es nicht an den Bedingungen, sondern daran, wie der Spieler damit umzugehen weiß. Dies gilt für alle Zielgruppen, denn bei unterschiedlichen sportlichen Fähigkeiten können doch alle ein gemeinsames sportliches Ziel haben. Auch alle angesprochenen Punkte, wie positives Denken, mentales Training und Defizitmotivation sind nicht auf Leistungssportler beschränkt, ob ich in der Weltspitze oder in der Kreisklasse spiele, der Kopf arbeitet immer mit.
2. Sport und Psychologie
Natürlich wird die Psychologie auch im Sport genutzt, aber wozu in erster Linie? Da ist vom psychologischen Vorteil die Rede, wenn es um Heimspiele geht, von der Zuschauermenge, dem frühen Tor, dem ersten Break, dem glücklichen Netzroller usw. Dies sind alles Faktoren, die den Spieler beeindrucken und nervös machen können.
Sie können ihn stimulieren, aber auch verunsichern je nachdem, wie seine mentale Stärke ist. Der eine ist glücklich, der andere deprimiert, den einen beflügelt es und den anderen lähmt es. Wie auch immer die Reaktion ausfällt, sie ist psychisch bedingt, und der außen stehende Trainer oder Coach wird versuchen, die Spieler in ihrer positiven Einstellung zu halten oder im anderen Fall seine Schützlinge aufzubauen und neu zu motivieren. Das ist angewandte Psychologie in der heutigen Zeit.
Um die tatsächlichen Möglichkeiten' der Psychologie ausnutzen zu können, muss damit auch schon im Training begonnen werden. Damit verstehe ich nicht das Aufbauen von Feindbildern und Hinweisen, wie ich den Gegner am besten oder unfairsten in seinen Möglichkeiten behindere, sondern die Fähigkeit, meine Spieler mental so vorzubereiten, dass er auch in Stresssituationen innerlich ruhig bleibt, also erst gar keinen unnötigen Stress aufkommen lässt.
Hier ein Beispiel aus dem Tennissport. Ich kann beim Training fast jede Spielsituation simulieren, aber ich kann keinen Satz- oder Matchball trainieren, weil die besondere Anspannung und Atmosphäre nicht hergestellt werden kann. Hoffnungen oder Ängste können einen Spieler in dieser Situation belasten, und davon kann ihn der Trainer in diesem Moment nicht befreien. Er ist allein auf dem Platz und muss mit seinen Emotionen fertig werden.
Hier setzt ein psychologisches Training ein. Trainierbar ist die Fähigkeit verstärkter Konzentration, des Abschaltens von unerwünschten Emotionen und im Hier und Jetzt sein, in diesem Moment und Jetzt. Sich ganz den Fähigkeiten des Körpers überlassen, den Schlag aus sich selbst heraus geschehen lassen und nicht verhaftet sein an Bedingungen und Folgen. Es gibt keine Gewähr dafür, dass dann ein Match gewonnen wird, aber die Gewissheit ist da, sein Möglichstes getan zu haben, ohne Vorwurf an sich selbst.
Ich habe oft Freunde erlebt, die bei negativen Gefühlsausbrüchen über verschlagene Bälle auf meine Frage nach dem Warum antworteten, dass sie solche Ausbrüche benötigen, um sich zu motivieren. Erstaunlicherweise geschehen solche Ausbrüche meistens dann, wenn sie Bälle verschlagen und nicht, wenn ein Ball gut war.
Die Reaktion auf einen guten Schlag sind viel verhaltener, natürlich auch deswegen, weil unter Umständen der Ballwechsel ja noch nicht beendet ist. Ein guter Schlag wird als selbstverständlich hingenommen und bedarf keiner besonderen Emotion im Gegensatz zum Fehlschlag.
lch glaube nicht, dass Gefühlsausbrüche ein gutes Mittel zur Selbstmotivation sind, denn verschlagene Bälle hinterlassen I bei den meisten Spielern die ersten Anzeichen von Versagen und nicht von Aufbau. Diese Aussagen dienen einfach nur als Alibifunktion für ihre unkontrollierten Emotionen. Hier fehlt die Fähigkeit, mit seinen Fehlern richtig umzugehen und sie zu akzeptieren. Ausnahmen gibt es natürlich auch hier, um an John Mc Enroe zu erinnern, der trotz seines Verhaltens ein Ausnahmespieler war.
Das, Verständnis für die Psychologie ist noch sehr zwiespältig, auch in diesem Bereich wird noch zu viel auf das Ergebnis abgestellt. Hat der Sportler Erfolg,war er vom Trainer gut eingestellt, versagt er, hatte der Trainer oder Spieler das falsche Konzept, dann wird die Psychologie verdammt nach dem Motto,“Ich stehe hier auf dem Platz und muss die Leistung bringen, der Psychologe kann mir dann nicht helfen.“ Das ist auch gar nicht der Sinn der Psychologie. Der Psychologe soll im mentalen Training dafür sorgen, dass der Sportler in der Lage ist, Stress und Nervosität durch entsprechende Übungen nicht nach oben kommen zu lassen. Spielen muss der Sportler immer alleine.
Um es noch einmal zu betonen, Psychologie macht aus einem Verlierer noch keinen Gewinner, aber es ermöglicht ihm, besser mit seinen Ängsten, Anspannungen und dem Stress umzugehen. Insgesamt also innerlich gelassener und ausgeglichener zu werden. Wird dies in seinem Sport verwirklicht, so ist es auch im Leben und mit seinen Mitmenschen möglich. Hier wird deutlich, dass es keine Trennung zwischen geistigem Verhalten bei Sport oder Alltag geben kann. Auch dort benötigen wir innere Ausgeglichenheit und die Fähigkeit, nicht beim geringsten Anlass in die Luft zu gehen. So wie ich mich auf dem Sportplatz gebe, so verhalte ich mich auch oft im Leben. Ein jähzorniger Sportler ist es nicht nur in seiner Sportart, sondern oft auch im Alltag.
Es ist bedauerlich, dass der Psychologie in der Trainerausbildung noch nicht der Stellenwert zugemessen wird, die sie eigentlich verdient, denn letztlich kommt es bei technisch und konditionell gleichwertigen Fähigkeiten auf die Psyche an,wer im Wettkampf siegen wird.
Jetzt höre ich wieder die Gegner, die sagen werden, wenn Sportler ihren Wettkampf ohne Emotionen zu zeigen durchführen, dann fehle etwas, der ganze Wettkampf spiele sich dann nur noch auf geistiger Ebene und damit roboterhaft ab. Aber so ist es ja nicht, ich kann durchaus in der Lage sein, die technischen Fähigkeiten meines Körpers mit den mentalen Fähigkeiten des Bewusstseins zu koordinieren und hervorragende sportliche Leistungen bringen.
3. Der ideale Trainer
Welche Eigenschaften muss ein guter Trainer haben? Die wichtigsten Merkmale für einen Trainer sind Ehrlichkeit, Verständnis, Einfühlungsvermögen und Vorstellungskraft. Also Dinge, die nicht wie Technik, Kondition, Spielstärke, Theorie, Taktik .und so weiter zu erlernen sind.
Die erlernbaren Merkmale werden während der Prüfungen, denen er sich unterziehen muss, getestet. Aber die anderen kommen erst dann zum Tragen, wenn er seine Lizenz hat und er auf dem Platz die Umsetzung sucht. Ein guter (Tennis- )Trainer muss mehr Psychologe sein als alles andere. In der letzten Zeit wird der Psychologie zwar viel mehr Wert beigemessen als noch vor Jahren, doch erscheint es mir noch zu wenig. Traineraspiranten zum Psychologen auszubilden ist nicht machbar, aber es sollte möglich sein, das Interesse der Trainer stärker auf diesen Bereich zu lenken, der in seinen Möglichkeiten ungeheuer vielfältig und interessant ist. Ein interessierter Trainer wird versuchen, sich selbst weiter zu bilden.
In Übertragungen im Fernsehen wird häufig gesagt, dass eine Fußballmannschaft nach einem gefallenen Tor geschockt ist. Nachvollziehen kann ich eine solche Aussage nicht, denn der Sinn des Fußballspiels ist nun mal ein Tor zu schießen. Wenn ich das weiß, so muss ich auch damit rechnen, dass der Gegner ein Tor schießt. Ein Schock wird immer durch ein unverhofftes Ereignis ausgelöst. Ein Tor ist kein unverhofftes Ereignis und daher auch kein Grund, schockiert zu sein. Dies ist nur ein kleines Beispiel, wie durch solche Aussagen von Trainern oder Medien die Denkweise von Spielern negativ beeinflusst werden kann.
Und nicht nur das, es bietet einer Mannschaft eine gute Ausrede. Beim Tennis hingegen habe ich noch nie von einem Spieler gehört, dass er nach einem verlorenen Aufschlagspiel geschockt gewesen sei.
Da stellt sich die Frage, warum ist eine Fußballmannschaft schockiert wegen eines Rückstandes, ein Tennisspieler aber nicht ? Natürlich schaffen es auch Fußballer einen Rückstand aufzuholen, aber nur dann, wenn die „ jetzt erst recht“ Einstellung greift.
Hier beginnt schon der Einfluss der Psychologie auf die Spieler, die aber mit den richtigen Fragen angegangen werden muss.
Beim Beobachten eines Spiels, z.B.beim Tennis, kommt es doch nicht darauf an, wie. ein Spieler gerade einen Punkt gemacht oder verloren hat, sondern darum, was in einer bestimmten Situation in einem Spieler vorgeht. Wie reagiert er mental auf verschiedene Spielsituationen und Spielstände und wie geht er damit um? Konsequenz für den Trainer ist, im Training dafür zu sorgen, dass negative Reaktionen nicht dominant werden. Um das zu erreichen, muss ein Spieler versuchen, wertungsneutral zu sein.
Was passiert während eines Ballwechsels ? Der Ball wird entweder verschlagen oder für den Gegner unerreichbar gespielt. In beiden Fällen ist der Ball aus dem Spiel, aber unterschiedliche mentale Reaktionen erfolgen. Ist der Ball verschlagen, so werden in der Regel negative Assoziationen freigesetzt, die unter anderem. schon von Gallway (Das innere Spiel) beschrieben wurden. Negative Denkprozesse erzeugen Stress, und Stress führt zu mehr Fehlern bzw. Muskelverspannungen, die ein lockeres Spiel nur schwer möglich machen. Wurde ein Ball verschlagen, betrachtet ihn wertungsfrei und versucht herauszufinden, warum der Ball aus war, so können keine negativen Gedanken aufkommen.
Die Frage, ob ein Spieler sich Schuld geben muss, stellt sich gar nicht, wenn er in der Lage ist, eine Situation neutral zu betrachten. Liegt es am Gegner, der einen zu guten Ball geschlagen hat, an einem Zufall ( zum Beispiel ein Netzroller ), oder an eigenem Unvermögen. Ist letzteres der Fall, so ist dies kein Grund negative Schuldzuweisungen zu machen, es ist eine normale Analyse einer Aktion, die notwendig ist, um in der nächsten Aktion diese Schwäche zu beheben. Es ist sogar notwendig, da ansonsten eine Abstellung des Fehlers nicht möglich ist, nicht notwendig ist jedoch eine negative Reaktion in Form von Schuldzuweisungen.
Die Mehrzahl der Tennisspieler ist nicht in der Lage, einen verschlagenen Ball wertungsfrei zu betrachten, um herauszufinden, wo der Fehler lag. Statt dessen hadern sie mit sich selbst, beschimpfen sich, werfen den Schläger zu Boden und erzeugen dadurch erhöhten Frust und noch mehr Spannungen, die selten dazu führen, dass es besser wird.
Unterschiede zwischen Profis und Amateuren gibt es selbstverständlich, der Profi wird häufig besser damit fertig.
Im vielen Fällen ist das Spiel verloren. Aber selbst wenn der Fehler beim Schlag nicht festgestellt werden kann, so ist das kein Grund zur Verzweiflung, denn häufig ist die Zeit zwischen den Ballwechseln nicht lang genug, um eine genaue Diagnose zu stellen und zweitens ist sowieso nichts mehr zu ändern. Die Blickrichtung muss auf den nächsten Ballwechsel gerichtet sein, erneute Konzentration ist notwendig und nicht ein verhaftet sein an einen verschlagenen Ball. Auch die von Spielern gemachte Einteilung in gute und schlechte Bälle verzerrt die Sicht des Spieles. Ist denn ein Ball, der technisch einwandfrei gespielt wurde und zwei Zentimeter im Aus landet, ein guter oder ein schlechter Ball ? Ist ein Ball, der teilweise mit dem Rahmen getroffen wird, aber im Feld landet, ein guter Ball ??
Hier zeigt sich die fatale Einstellung vieler Tennisspieler, die jeden Ball, der nicht innerhalb der vorgegebenen Linien aufspringt, als schlecht bezeichnen. Mit Sicherheit ist er ,vom Ergebnis betrachtet, nicht als Punkt für den Spieler zu bewerten, aber unter Umständen von der Durchführung des Schlages her. Natürlich ist nach den Regeln nur ein Punkt zu vergeben, wenn der Ball über das Netz in das Feld fliegt, aber bevor der Ball aufspringt, spürt der Spieler, dass er den Ball gut getroffen hat, dies ist positiv. Geht der Ball aus, erkennt man, der Punkt ist verloren und dies ist negativ. Ein Spieler erfährt somit in einem einzigen Schlag ein positives und danach ein negatives Erlebnis. Natürlich kann ein Spieler sich über einen guten Schlag freuen und im nachhinein feststellen, dass er den Punkt trotzdem verloren hat, und dann beginnt die Analyse.
Ein wichtiger Bestandteil des Tennisfeldes sind die Linien und die Höhe des Netzes.
Die Linien sagen uns nur, ob ein Ball als Punkt zu bewerten ist. Sie sagen nicht, ob ein Schlag gut durchgeführt wurde.
Das Problem der Linie ist die Endgültigkeit, die entweder Beendigung oder Weiterführung eines Ballwechsels bedeutet. Für den Spieler heißt das, wie gestalte ich mein Spiel, spiele ich nahe an die Linie mit erhöhtem Risiko, aber mit der Aussicht auf einen schnellen Punkt, oder spiele ich den Ball sicher ins Feld, ohne diese Aussicht. Je spielstärker ein Spieler ist, umso risikofreudiger wird er agieren, ohne jedoch auf die Grundregeln des Spielaufbaus im Tennis „Sicherheit,Präzision,Tempo“ und genau in dieser Reihenfolge, ganz zu verzichten.
Die meisten Hobbyspieler und Spieler aus unteren Spielklassen scheuen sich, das Risiko einzugehen, eng an die Linien zu spielen, aus Angst, der Ball könnte ausgehen. Für sie stellt sich die Linie als Dilemma dar.
Wenn ein Spieler in der Lage ist, sich vom Problem der Linien zu lösen, so landet er nicht in einem mentalen Dilemma, aus dem es selten ein Zurück gibt, es sei denn, der andere beginnt auf einmal Fehler zu machen und gerät dadurch selbst in eine Krise. Dann werden die eigenen Fehler auf einmal vergessen, er erkennt, der andere macht auch Fehler, und das eigene Spiel wird sicherer. Aber warum wird es sicherer ? Die Antwort liegt wieder im mentalen Bereich. Die innere Spannung lässt nach durch das Verhalten des Gegners. Der Punkterfolg löst innere Spannungen, die er vorher fleißig aufgebaut hat. Das, was er gelernt hat und spannungsfrei kann, lässt sich nun verwirklichen, weil er sich gedanklich von sich selbst gelöst hat.
Der Körper kann nur dann das leisten, wozu er in der Lage ist, wenn das Bewusstsein ihn lässt. Da sind wir beim nächsten Problem vieler Spieler: dem Verhältnis des Körpers zum Bewusstsein. Hier wird häufig eine Unterscheidung zwischen "Ich" und "Körper" getroffen. Gallway beschreibt dies mit "Selbst 1" und "Selbst 2",dem Bestimmer und dem Macher.
Die Bewertung von gut oder schlecht erfolgt durch Selbst 1, dem Bestimmer.Selbst 2, dem Macher ist es egal,ob ein Ball aus ist oder nicht.
Gallway postuliert : Spieler reden mit sich selbst "ich rede mit mir" Frage wer ist ich und wer ist selbst ?? "ich" scheint Anweisungen zu geben und "selbst" scheint auszuführen, Gallway sagt "ich" ist bewusster Bestimmer, somit Selbst 1 und "Selbst" ist unbewusster Macher, somit Selbst 2. Gallway sagt nichts darüber aus, wer gut und schlecht ist, da Selbst 1 als Bestimmer und Beurteiler sowohl gut als auch schlecht sein kann. Das unbewusste Selbst 2 kann weder gut noch schlecht sein.
In vielen Situationen fehlt mir das Vertrauen in die Fähigkeiten meines Körpers, sodass versucht wird , dies mit Befehlen an den Körper zu kompensieren, was wiederum zu einer verstärkten Anspannung von Muskeln führt, die den Schlag nicht in der gewünschten Art und Weise zulassen. Gelingt der Schlag wieder nicht, so haben wir erneute Stresssituationen mit den bekannten Folgen.Wenn ein Spieler in der Lage ist, das Bewusstsein, durch gezielte Konzentration auf das wichtigste Objekt umzulenken, nämlich auf den Ball, so kann der Körper mit seinen Fähigkeiten alles umsetzen.Wenn ich das Bewusstsein umlenke, dann kann ich wirklich frei, gelöst und locker schlagen und habe dann nicht das Gefühl, dass nicht "Ich" spiele. Ich stehe als Gesamtkonzept auf dem Platz, mit Augen, Körper und dem Wissen, dass alles Eins ist. Um dies zu erreichen, muss, wie gesagt, ein Sinneswandel erfolgen, die Einstellung zu sich selbst sowie zum Spielfeld und zum Partner muss sich ändern. Hier sage ich bewusst nicht mehr Gegner, sondern Partner, denn nur durch ihn werde ich in die Lage versetzt, das zu leisten, was ich tatsächlich kann. Das Wort Gegner erzeugt in mir negative Assoziationen von Widerstand und Kampf, der, da es sich um Sport handelt, nicht vorhanden sein sollte. Eher ist es ein Vergleich von zwei verschiedenen Techniken und Spielauffassungen.
Häufig wird gesagt, dass ein Spieler erst den Kampf gegen sich selbst gewinnen muss, um das sportliche Ziel zu erreichen. Ich möchte dies etwas anders formulieren. Um seine persönliche Höchstleitung zu erreichen, muss ein Spieler in der Lage sein, sich selbst zu motivieren. Eigenmotivation ist auch im Tennis von großer Bedeutung, da Coaching im Regelfall nicht erlaubt ist. Zu dieser Eigenmotivation gehören natürlich auch die obigen Verhaltensweisen wie Wertungsneutralität und Analysen von verlorenen Punkten, und natürlich auch die Analyse einer angewendeten Taktik und die damit verbundenen Auswirkungen.
Die Analyse setzt ein,sobald ein Ballwechsel beendet ist,auch wenn die Zeitspanne bis zum nächsten Ballwechsel relativ gering ist. Es sind in dieser Zeit viele Dinge,die auf , einen Spieler zukommen können und verarbeitet werden müssen. Z.B. der Spielstand: ist es das erste Spiel im Satz oder steht ein „big Point“ im Tie break an oder bei möglichem Satzgewinn oder Satzverlust. Im ersten Fall ist noch alles offen und der Spieler macht sich keine großen Gedanken. Im zweiten Fall macht sich der Spieler Gedanken in taktischer Hinsicht und über den Gegner, wie ist jetzt seine Körpersprache. Dies alles geschieht schon bewusst, danach, bei Beginn des neuen Ballwechsels, sollte der Spieler wieder in die „zone“ kommen.
In der „zone“ sein bedeutet, das ein Sportler im Moment einer Leistung so fokussiert ist, dass er alles um sich herum ausblenden kann und eine Leistung erfolgt. Bei Untersuchungen derartiger Grenzerfahrungen und Gesprächen mit Leistungssportlern ergab sich, dass diese Sportler keine Erinnerung daran hatten, wie die Höchstleistung zustande kam. Auf Tennis bezogen bedeutet dies auch, dass beide Spieler in der Zone sein können, obwohl einer verliert. Es hängt also nicht vom Ergebnis ab, ob jemand in der „zone“ war oder nicht. Es hängt auch nicht von der Qualität eines Spielers ab, ob er eine Leistung in der „zone“ erbringt oder nicht. Die „zone“ ist kein Attribut, das auf Leistungsportler beschränkt ist.
Der ideale Trainer muss in der Lage sein, Ehrlichkeit dadurch zu zeigen, dass das,was er lehrt, seinem tiefsten Inneren entspricht und der Schüler dies auch spürt bzw. dass er keine Unterscheidung beim Training zwischen guten und weniger guten Spielern trifft, alle müssen für ihn gleich sein. Er muss Verständnis für die biologischen und konditionellen Bedingungen und die technischen Fähigkeiten des Schülers haben, um sich individuell darauf einstellen zu können, damit der Schüler nicht in ein bestimmtes Schema gepresst wird, das ihm keine Freude macht. Er muss Einfühlungsvermögen haben, um zu erkennen, was hinter der Stirn eines Schülers vor sich geht. Er braucht Vorstellungskraft, um die Fähigkeiten des Schülers mit der Lehrmethode in Einklang zu bringen.
Er muss die wie oben beschriebenen mentalen Probleme und Lösungsvorschläge erkennen und versuchen dem Schüler nahe zu bringen.
Darüber hinaus braucht jeder Schüler individuelle Beratung und Schulung sowie das Gefühl, in vollem Umfang akzeptiert zu werden. Nur wenn der Schüler spürt, dass nicht nur der Sieg das Ziel des Sports ist, sondern die erbrachte Leistung, dann ist er ein zufriedener Sportler.
4. Trainingsmethodik und Psychologie
Die Trainingsmethodik hat sich in den letzten Jahren auch im Tennis durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse stark verändert und verbessert. Die Techniken wurden vervollkommnet, Steigerungen in konditioneller Hinsicht können gezielt vorgenommen werden. Wie und warum ein Muskel arbeitet ist bekannt. Die richtige Ernährung wird dem Spieler vorgegeben.
Auch im psychologischen Bereich wurden Fortschritte gemacht, aber hier geschieht es nur sehr langsam, weil hier keine allgemein gültigen Ergebnisse auf eine Vielzahl von Sportlern angewendet werden können. Die Psyche eines Sportlers ist individuell verschieden, und deshalb braucht jeder Sportler eine individuell unterschiedliche Unterstützung.
Beim Hochleistungssportler ist diese Unterstützung im Regelfall schon gegeben, aber nicht in den unteren Bereichen oder im Hobbysport.Was passiert mit denen, die nicht das Glück haben,von der Natur mit dem nötigen Talent ausgestattet worden zu sein oder die nicht von einem Talentsucher gefunden werden? Sie werden schnelI als Versager hingestellt und vom Trainer nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit bedacht, die sie eigentlich verdient hätten. Natürlich träumt jeder Trainer davon, das absolute Talent zu finden und bis zur Weltspitze aufzubauen. Ein ganz natürlicher Egoismus, der leicht auf Kosten derjenigen geht, die nicht so talentiert sind. Über die Methodik der Technik, über Konditions- und Theorietraining sowie medizinische und biomechanische Prozesse ist schon so viel geschrieben worden, dass ich mir hier Weiteres getrost sparen kann.Was weniger in Lehrbüchern und auf Trainerseminaren vorkommt, sind die mentalen Prozesse, ihre Auswirkungen, besonders bei niedrigem Spielniveau und bei Kindern, und wie mentales Training effektiv zu gestalten und in Spielformen zu bringen ist. Ist mentales Training notwendig ,was bringt es dem Spieler und wann wird mit dieser Art von Training begonnen ?
Fangen wir bei der Notwendigkeit an.
Im Hochleistungsbereich wie bei Hobbyspielern erleben wir immer wieder, dass während eines Spiels die Konzentration verloren geht und die Spieler nervös werden.Dies ist auch eine ganz normale Reaktion, weil kaum einer in der Lage ist,sich permanent auf etwas zu konzentrieren. Leistungssportler schaffen das mehr als Hobbyspieler.
Folge sind verschlagene Bälle, verlorene Spiele und Matches. Es sagt sich so leicht, er verliert seine Konzentration, oder im dritten Satz spielt er konzentrierter, aber was ist diese Fähigkeit der Konzentration, wie wird sie verloren und wie gewonnen ?
Unter Konzentrationsfähigkeit verstehe ich die Fähigkeit sich während eines Spiels mit allen Sinnen ( Auge,Ohr und das Gefühl ) auf die Situation einzustellen und das Bewusstsein so gut wie möglich ruhen zu lassen. Das bedeutet, einfach ausgedrückt: nicht nachdenken, sondern den Bewegungsablauf aus sich selbst heraus geschehen zu lassen, also nicht gedanklich zu beeinflussen. Schon der Gedanke: Jetzt muss ich mich konzentrieren, mach` dies und jenes, bedeutet Anspannung und somit Verbrauch von Energie, die irgendwann im Spiel verbraucht• ist. Der Körper spielt und nicht das Bewusstsein, die Einheit von ruhendem Geist und Körper muss hergestellt werden.
Ist ein Ball im Feld, so registriert das Gehirn „Ein guter Schlag“ ,ist er außerhalb, so lautet es immer: „Ein schlechter Ball“, obwohl der Schlag technisch sauber durchgeführt wurde. Passiert das mehrmals im Spiel, so wird die Anspannung durch das Bewusstsein immer größer. Jetzt erst entsteht Stress, der darin gipfelt, dass der Körper nicht mehr so frei schlagen kann, wie er es könnte. Verkrampftes Spiel durch falsche Bewertung des Bewusstseins. Resignation kann die Folge sein, aus der sich nicht immer befreit werden kann. Vielfach ist eine Verkrampfung schon beim Anfänger in der ersten Stunde vorhanden, und es ist sehr schwer, diese Verspannungen besonders im Kopf zu lösen. Das Stressverhalten bleibt natürlich auch dem Gegner nicht verborgen. Dieser erkennt durch die Körpersprache des anderen, in welcher Verfassung dieser ist. Er erkennt „Der andere ist nervös und macht Fehler, also brauche ich nur darauf zu warten, bis er mental zusammenbricht und so das Spiel verliert" .
Die Zeiträume zwischen den Ballwechseln geben dem Spieler nicht nur Zeit, bei längeren Ballwechseln den Puls zu reduzieren und die Atmung zu beruhigen, sondern auch die Körpersprache des Gegner zu beobachten.
ln dieser Situation spielt er viel freier und lockerer, weil er sich mental nicht mit sich selbst zu beschäftigen hat, sondern es freiwillig mit dem anderen macht, so dass bei ihm keine Stresssituation entsteht.
Ein Beispiel für unbewusste, aber doch richtige Aktion ist im täglichen Leben zu beobachten. Jeder geht einen Weg, ohne zu überlegen, wie er geht, man nimmt Stufen, ohne zu überlegen, wie er das machen muss, selbst unterschiedlich hohe Stufen werden ohne Probleme bewältigt. Der Körper reagiert in solchen Situationen automatisch und ohne Hilfe des Bewusstseins, dass sich mit vielen anderen Dingen beschäftigt.
Diese Automatismen können auch im Tennis erreicht werden.
Eine Änderung erfolgt nur, wenn er auf einmal einige Bälle verschlägt und sein Bewusstsein anfängt, sich wieder mit sich selbst zu beschäftigen. Dann geht das ganze Spiel wieder von vorne los, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Es ist wirklich erstaunlich, dass gerade im Tennis vieles von einem einzigen Schlag abhängt bzw.von einem „guten oder schlechten“. Hieran kann man erkennen, dass die mentalen Fähigkeiten verbessert werden müssen, um das Ziel, nämlich ein konstantes Spiel und einen mit sich selbst zufriedenen Spieler, auch in der Niederlage zu erreichen. Wenn ich nach dem Spiel feststellen kann, dass ich all meine Möglichkeiten ausgeschöpft habe, dass ich mit dem, was ich geleistet habe, zufrieden sein kann, so spielt das Ergebnis nur eine untergeordnete Rolle, denn dann habe ich als Einheit gespielt und es genossen. Die Freude am Spiel muss in jeder Klasse an erster Stelle stehen, denn nur dann kann ich eine optimale Leistung bringen. Nicht nur für mich selbst, sondern auch für den Gegner und für die Zuschauer ist ein solches Spiel eine größere Freude.
Aber wie kann ich das Bewusstsein ruhen lassen, also mental richtig trainieren? Ich habe vorhin die Sinne, Auge ,Ohr und das Gefühl angesprochen. Auge und Ohr werden natürlich automatischer trainiert als das Gefühl obwohl sie meiner Meinung nach in der Wertigkeit hinter dem Gefühl anzusiedeln sind.
Wenn ein Schlag erfolgt, so kann ich diesen Schlag sehr intensiv spüren, ich fühle, ob ich den Ball gut getroffen habe oder nicht.
Das heißt, das nur der betroffene Spieler spüren kann, ob der Ball richtig oder falsch getroffen wurde und somit keine andere Person dies empfinden kann.
Ich kann Körpervorlagen oder Rücklagen spüren, ich kann sogar meine ganze Konzentration auf bestimmte Muskelgruppen richten und erfahren, was sich während eines Schlages an Spannung aufbaut oder nicht. Wenn ich diese kinästhetischen Fähigkeiten meines Körpers global oder gezielt einsetze, kann ich auch unerwünschte Spannungen erfahren und versuchen, diese beim nächsten Schlag zu vermeiden.
Unter dem Begriff Kinästhetik versteht man das Studium der Bewegung und der Wahrnehmung, die wiederum aus der Bewegung entsteht, sie ist die Lehre von der Bewegungsempfindung. Sie geht zurück auf den britischen Neurologen Henry Charles Bastian, der um 1880 anregte, damit den Bewegungssinn und ein für die Verarbeitung von Bewegungsempfindungen zuständiges Gehirnareal zu bezeichnen.
Die Kinästhesie, (syn. Bewegungsempfindung, kinästhetische Wahrnehmung ) basiert auf Rezeptoren in Gelenken, Muskeln ( Muskelspindeln ) und Sehnen und läuft zu großen Teilen unbewusst ab.
Kinästhetik bzw.Kinaethetics bezeichnet hingegen die Anwendung und / oder Vermittlung der Fähigkeit, durch erhöhte Achtsamkeit eine bewusstere Bewegungswahrnehmung zu erreichen. Wahrnehmungen des sogenannten kinästhetischen Sinnessystems werden systematisch als Bewegungsanalyse eingesetzt, die Muskulatur als Erfolgsorgan für adäquate ökonomische Bewegungsausführung genutzt.
Unter kinästhetischer Differenzierungsfähigkeit wird die Fähigkeit verstanden, einen Bewegungsablauf hinsichtlich seiner Qualität beurteilen und angemessen dosieren zu können. Sie ermöglicht, Bewegungen sicher, ökonomisch und genau durchzuführen und bezieht sich auf die Feinabstimmung für den ganzen Bewegungsvollzug. Das heißt, entsprechend der Situation soll eine qualitativ gute Bewegungsleistung erbracht werden. Mit zunehmender Qualitätsverbesserung bleiben unrunde und verkrampfte Bewegungsausführungen aus, eine angemessene Kraftdosierung und Zielanpassung wird erreicht.
Dies gilt ebenso auch für die Tennistechnik, die man erlernen will. Zuerst lernt man, dies geschieht durch Verstehen einer Technik und der Wiederholung. Je mehr Wiederholungen, umso automatischer wird der Ablauf.
Nur durch diese Fähigkeit bin ich in der Lage, den Schlag wirklich aus sich selbst heraus geschehen zu lassen, also unbewusst. Durch die Kinästhetik bin ich dann besser in der Lage, zu erfahren, wie der Schlag sich anfühlte.
Diese Art des Trainings kann bei jedem Spieler erfolgen, gleichgültig ob es sich dabei um Anfänger Fortgeschrittene, Turnierspieler, Kinder oder Erwachsene handelt. Nur bei Kindern ist es mit Sicherheit leichter, da die Erwachsenen erst einmal alles mit dem Verstand begreifen wollen. Sie handeln nach dem Grundsatz „Was ich verstehe, kann ich auch", und damit fängt die mentale Kontrolle über den Körper schon an.
Bewusstseinsänderung und Wertungsneutralität können die Voraussetzungen für ein noch schöneres Erleben des Tennisspiels sein.
In den letzten Jahren ist mir erst selbst bewusst geworden, dass jeder Schüler seine Konzentration in erster Linie darauf richtet, wo der Ball aufspringt. Es scheint zweitrangig zu sein, wie es dazu kommt. Hauptsache, der Ball ist über dem Netz und im Feld. Das Erfolgserlebnis wird also von dem Vorhandensein einiger Linien abhängig gemacht und nicht von dem, was ich während des Schlages erlebt.
Wenn ich dann einige Punkte korrigiere, so höre ich sehr häufig den Einwand „Aber der Ball war doch im Feld", also gut. Die Bewertung wird danach getroffen, was gesehen und nicht danach, was gefühlt wird. Dadurch wird natürlich auch nicht festgestellt, ob ich den Ball zu nahe am Körper getroffen habe und/ oder vor dem Körper. Der Spieler macht sich selbst zum Sklaven der Linien und verliert im Endeffekt seine Objektivität in Bezug auf einen guten oder schlechten Schlag.
Was passiert,wenn einem Anfänger diese Bewertungskriterien einer Linie genommen werden, wenn man ihn auf einem Platz üben lässt, der kein Netz und keine Linien hat? Wie will er dann entscheiden, ob ein Schlag „gut oder schlecht“ war ? Dann bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als die Konzentration auf etwas Neues zu richten, nämlich auf sich selbst. Er kann die Konzentration ganz nach innen lenken und spüren, wie der Körper arbeitet und mit seinen Sinnen beobachten. Außerdem hat er keinen Stress, weil er kein Ziel erreichen muss.
Aber es ist für den Schüler nicht einfach festzustellen, wo eine für das Tennisspiel unerwünschte Verkrampfung vorhanden ist und wie sie beseitigt werden. Jeder Trainer sagt immer wieder, „schlag locker ", er macht es vor, und der Schüler versucht es nachzumachen. Aber er versucht es meistens mit dem denkenden Teil des Körpers, was auch ganz natürIich ist, und das verursacht noch mehr Spannungen. Wie kann man als Trainer lockeres Schlagen vermitteln? Der Trainer muss in der Lage sein, beim Schüler Muskelanspannungen zu sehen und den Schüler darauf aufmerksam machen. Das geschieht dadurch, dass 'er ihm z.B.die Aufgabe stellt, seine ganze Konzentration während eines Schlagvorganges auf das Schultergelenk zu richten, um herauszufinden, was das Gelenk im Augenblick des Schlages macht. Er soll ihm nicht vorher sagen, was passiert, der Schüler soll eine Erfahrung machen, die ihm weiterhilft. Die Schüler merken recht schnell, ob das Gelenk an den Kopf gezogen wird oder nicht. Was während eines solchen Schlages mit dem Ball passiert, ist hierbei ohne Bedeutung, wenn der Schüler nur merkt, was sich im Gelenk abspielt, egal wo der Ball landet. Der Aufschlagpunkt im Feld des Gegners ist lediglich die Konsequenz aus der Hundertstel-Sekunde des Kontaktes zwischen Ball und Schläger, und deshalb muss die Konzentration möglichst auf diesen Moment gerichtet sein. In diesem Moment entscheidet sich alles, und es ist nur spürbar durch die Entwicklung der kinästhetischen Fähigkeiten in Verbindung mit einer Bewusstseinsänderung, weg von den Markierungen und hin zum Erfahren des eigenen Körpers.
Wir befinden uns in diesem Teil ausschließlich im Bereich des Trainings. Hat der Schüler Erfahrungen hierin gefunden, so steht das nächste Trainingsziel an, das Spiel auf Ziele. Sei es ein Aufschlagfeld, der Grundlinienbereich, das Doppelfeld, oder eine Markierung. Die Möglichkeiten sind vielfältig.
Steigerung wäre Punkte für erreichte Ziele zu geben bzw. Beginn des Spiels gegen andere Spieler.
Der zweite Punkt ist das Erreichen von Wertungsneutralität. Bezogen auf Tennis bedeutet dies, dass der Schlag nicht danach beurteilt werden soll, wo der Ball aufspringt, also ob im Feld oder außerhalb. Wie oft wird festgestellt, dass ein Schlag nicht optimal getroffen wurde, er aber trotzdem im gegnerischen Feld landet und der Gegner ihn nicht mehr erreicht. Fast immer macht sich der Spieler etwas vor, ein erreichter Punkt sei ein guter Schlag, ein verschlagener Ball ein schlechter Schlag. Hier beginnt Wertungsneutralität, ich muss einen Schlag weder als gut noch schlecht bezeichnen. Ich muss nur feststellen, ob der Schlag ein Punktgewinn war oder nicht. Die bei einem glücklichen Schlag frei werdende Emotion wird trotzdem voll ausgelebt, besonders wenn es sich um sogenannte Big Points handelt. Danach habe ich bis zum nächsten Aufschlag noch genügend Zeit, um Fehler zu analysieren. Wer intensiv seine kinästhetischen Fähigkeiten trainiert, wird schon im Moment des Treffens feststellen, was mit dem Ball passieren wird, ob er aus geht oder ins Feld fliegt. Ist das Gefühl da, wirklich locker und entspannt geschlagen zu haben und der Ball ist trotzdem aus, so muss es sich um einen technischen Fehler handeln. Denn nur eine geringe Abweichung bei der Schlägeröffnung oder Führung des Schlägers nach vorne aufwärts bewirkt eine andere Flugbahn.
Die dritte Möglichkeit besteht darin, dass der Gegner einen so guten Ball geschlagen hat, dass der Spieler auf Grund einer zu späten Reaktion nicht mehr in der Lage war, die optimale Schlagposition zu erreichen. Wie auch immer, es besteht nie ein Grund, sich selbst Vorwürfe zu machen. Es gibt keine perfekten Tennisspieler, jeder wird Bälle verschlagen, aber viele betrachten solche Bälle als Fehlverhalten des Körpers und wollen ihn zur Rechenschaft ziehen.
Nur wenn der Spieler verschlagene Bälle als dazu gehörig akzeptiert, ist er in der Lage stressfreier zu spielen.
Wertungsneutralität soll nicht bedeuten, sich über einen verschlagenen Ball zu freuen und gute Bälle zu ignorieren. Das ist nur eine Verschiebung von Emotionen. Neutral beobachten heißt emotionslos zu erkennen, was bei einem verschlagenen Ball zu ändern ist.
Ich habe am eigenen Körper erfahren, dass es möglich ist und dass der Wille zum Sieg dabei nicht zu kurz kommt.Verschlagene Bälle beeinträchtigen mein Spiel nicht mehr. Ich sehe sie, akzeptiere sie, versuche etwas zu verändern und eventuelle Spannungen abzubauen. Ich verspüre weniger Stress oder Defizitmotivation, und es macht mir mehr Spaß, die Möglichkeiten des Spiels auszunutzen, ohne mich unter erhöhten Erfolgszwang setzen zu müssen, und gewinnen kann ich dabei auch noch. Dass der Spielstand eine große Rolle spielt ist unbestritten. Im ersten Spiel ist ein Fehler eben nicht so gravierend wie ein Fehler im entscheidenden Satz oder in einem tie break. Aber egal wie der Spielstand ist,wenn es möglich ist, Stress zu senken, so ist es in jeder Situation möglich und wirkungsvoll.
Aber wann soll mit dem mentalen Training begonnen werden ? Ich glaube, dass diese Art von Training schon in der ersten Trainerstunde seine Berechtigung hat, weil jeder Spieler von Anfang an beginnt zu denken.
Jeder Mensch hat seine eigenen Vorstellungen, seine Ziele und Wünsche, die zum größten Teil durch die Erziehung und die Umwelt beeinflusst sind. Kein Mensch lässt sich gerne in diese Gedankenwelt reinreden, weil häufig geglaubt, der andere wolle an seiner Persönlichkeit etwas aussetzen. Außerdem ist der Trainer in der Anfangsphase ja auch ein Fremder. Deshalb kann es geschehen, dass sich der Schüler abkapselt oder denkt „Lass den mal reden“. Es liegt nun an den Fähigkeiten des Trainers, dem Schüler behutsam die Vorteile der Methodik von Wertungsneutralität nahezubringen, nicht nur, damit er sie versteht, sondern auch damit er sie akzeptiert und sie zu seiner Anschauung machen kann. Die Voraussetzung dafür ist aber die Bereitwilligkeit des Schülers und sein Vertrauen zum Lehrer. Der Schüler muss wollen, denn er muss später alleine spielen und alleine 'in der Lage sein, Konzentrationsdefizite zu spüren, Stresssituationen zu vermeiden, um wirklich frei spielen zu können. Denn es geht nicht, wenn das Bewusstsein immer wieder dieselben Forderungen an den• Körper stellt und Druck ausübt. Der Spieler muss von Wertungsneutralität überzeugt sein, damit er sich damit identifizieren kann.
Im Turnier ist er allein, kein Trainer weit und breit, der ihm jetzt noch helfen könnte. Er muss jetzt in dieser Sekunde bereit sein, alles was er geben kann, um zu erfahren, was die Einheit von Geist und Körper zu leisten im Stande ist.
Wenn dies geschieht, wird man wie oben beschrieben ein Erlebnis haben, das Maslow als Grenzerfahrung bezeichnet und in vielen Fällen versucht hat aufzuklären.
Wichtiger als die wissenschaftliche Erklärung erscheint mir die Tatsache, dass Grenzerfahrungen möglich sind und eine Möglichkeit gefunden werden sollte, diese zu intensivieren. Wenn eine Intensivierung durch geistiges Training der Konzentrationsfähigkeit, Bewusstseinsänderung und Wertungsneutralität dazu führen können, dass mehr Menschen solche Erfahrungen erleben können, so hätte man einen großen Schritt in Hinsicht auf eine andere Sicht des Sports gefunden. Es ist falsch zu sagen,wenn ich mein Bewusstsein anders einsetze, dann hätte ich die Leistung nicht vollbracht. Das würde bedeuten, dass nur das Bewusstsein durch Kontrolle des Körpers in der Lage ist, eine Leistung zu vollbringen, und dagegen sprechen die Aussagen derjenigen, die Grenzerfahrungen hinter sich haben. Durch anderes einsetzen des Bewusstseins erfolgt kein Identitätsverlust.
Im Gegenteil,wenn das Bewusstsein ruhig ist, kann der Körper lockerer und freier agieren, somit entsteht eine bessere Koordinierung beider Komponenten ohne Konkurrenzdenken des Bewusstseins.
Beim Tennis entstehen zwischen den Ballwechseln immer Pausen, die von den Spielern falsch genutzt werden. Entweder kommen Zweifel an den eigenen Fähigkeiten auf oder Resignation, Schadenfreude, Triumph. Aber es kommt auch' vor, dass die Pausen für taktische Überlegungen genutzt werden. Aber taktische Überlegungen lassen sich nur umsetzen, wenn der Spieler noch einigermaßen mental ruhig ist. Sobald Stress oder Nervosität die Oberhand gewinnt, wird es schwierig, sich noch voll und ganz auf taktische Varianten zu konzentrieren.
Grundsätzlich versucht jeder Spieler seinem Gegner sein Spiel auf zu drängen, aber das will der Andere ja auch, somit haben wir in dieser Beziehung ein Patt.
Außerdem sind die taktischen Varianten eng an das Spielvermögen des Spielers gekoppelt.
Eine Taktik lässt sich nur umsetzen, wenn er auch die spielerischen Möglichkeiten dazu hat. Ist er darin begrenzt, so sind auch seine taktischen Möglichkeiten begrenzt. Ein Grundlinienspieler ist immer an die Taktik für diese Spielart gebunden und ein Angriffsspieler an die seinige. Lediglich ein Allroundspieler hat einen anderen Spielraum. Außerdem hängt die Taktik und die Änderung einer Taktik immer vom Gegner ab, lässt er sie zu oder nicht.
Für jede Taktik gibt es auch eine Gegentaktik, und es ist äußerst anspruchsvoll, sich auf die Gegentaktik einzustellen.
Vielleicht wird auch der Wert einer Taktik überbewertet. Denn die einfachste Taktik für jede Art von Spieler ist doch, den Ball über das Netz ins Feld zu spielen und immer dahin, wo der Gegner nicht steht.
Rein rhetorisch betrachtet, handelt es sich dabei aber doch nicht um eine Taktik, sondern um den Sinn des Spiels. Wird nicht die Taktik dadurch schon im weitesten Sinne vorgegeben, wenn die Spielart eines Spielers erkennbar ist ? Handelt es sich um einen Angriffsspieler, so müssen meine Passierbälle als Defensivspieler eine gute Qualität haben, ist es ein Defensivspieler, so muss ich als Offensivspieler oder Allroundspieler versuchen, auch am Netz die Punkte zu machen.
Varianten werden auch schon vorgegeben, wenn es 'sich um zwei Angriffs- oder Verteidigungsspieler handelt. Der Raum für taktische Überlegungen erscheint mir also relativ klein. Im Profibereich werden andere taktische Überlegungen vorhanden sein, als im Amateur- und Hobbybereich.
Aber zurück zu den oben erwähnten Emotionen. Pausen sollen genutzt werden, um den kleinen Bereich der Taktik abzudecken, als da wäre, nur die Seite anzuspielen, wo die Fehlerquote höher ist,welchen Schnitt ich beim Aufschlag benutze, ob ich das Spiel schneller oder langsamer mache u.s.w. Liege ich zurück, so dienen solche Überlegungen natürlich auch zur Beruhigung des Bewusstseins und der Ablenkung.
Andererseits könnte eine Selbstberuhigung erreicht werden, wenn sich auf die Atmung konzentriert wird. Je ruhiger der Atemrythmus ist, um so ruhiger werde ich. Außerdem bewirkt eine Konzentration auf den Atem auch eine Ablenkung von allen Umwelteinflüssen. Bin ich aufgeregt, so geht mein Atem schneller, und das ist ein Gefühl der Unruhe und Hast. Bin ich in der Lage, meine Atmung zu beruhigen, so bin ich auch ausgeglichener. Alleine die Konzentration auf den Atem und darauf, wie der Luft in die Lungen ein- und austritt, bewirkt Beruhigung und Ablenkung. Auf das Spiel kann ich mich nach dieser Ruhephase wieder neu und mental erfrischt konzentrieren.In diesem Moment der Konzentration auf den Atem ist das Spiel und alles andere um mich herum vergessen, die Muskeln können ebenfalls entspannen, keine Nervosität wird spürbar. Dies nenne ich ein sinnvolles Nutzen der Pausen, denn alles vorherige ist Vergangenheit, die guten und die schlechten Schläge, wichtig ist nur das Verweilen in sich selbst. Meditation auf dem Tennisplatz, sogar während des Spiels ist möglich, denn auch während der einzelnen Ballwechsel entstehen Pausen, die zur Beruhigung des Atems genutzt werden können. Danach ist nur noch der Ball wichtig und nicht das Verweilen in der Vergangenheit. lch muss jetzt und hier den Ball schlagen, was sich daraus ergibt, wird man sehen. Lebe und spiele die absolute Gegenwart und beschäftige dich nicht damit,“was passiert, wenn „. Das Gefühl, also die kinästhetischen Fähigkeiten, haben während eines Spieles genug damit zu tun, die.Signale, die der Körper bei jedem Schlag sendet, zu empfangen und zu verarbeiten
Es gibt viele Möglichkeiten, mental zu trainieren, ob es sich um autogenes Training, Tai chi, Zen Meditation, Yoga oder Bio Feedback handelt, alle Richtungen haben eins gemeinsam: Mit sich selbst befassen, die Konzentration auf den Atem richten und die Sinne nach innen lenken. Es ist falsch zu glauben, die Bedingungen beeinflussen das Spiel, es sind vielmehr die Gedanken über diese Bedingungen, die einen negativ beeinflussen. Wenn ein Spieler sich intensiv mit verschiedenen Techniken beschäftigt hat, so wird er die individuell richtige Methode herausfinden.
Letztendlich wird er feststellen, dass der Name einer Technik für das Wohlbefinden egal ist, denn eine Bewusstseinsänderung wird nicht von außen herbeigeführt, sondern durch einen selbst.
Für welchen Weg einer der oben erwähnten mentalen Techniken ein Spieler sich entscheidet ist gleichgültig. Es ist hier das Gleiche wie bei dem Verhältnis Trainer und Schüler. Der Trainer muss dem Schüler nichts beweisen, und der Schüler darf vom Trainer nicht erwarten, dass dieser ihm alle Mühen und Arbeiten abnimmt. Der Trainer zeigt den Weg und der Schüler muss ihn gehen in seiner individuellen Art und Weise. Die Güte des Trainers zeigt sich darin, ob er in der Lage ist, auf die individuellen Fähigkeiten einzugehen, den Schüler zu formen und gegebenenfalls vom Lehrbuchwissen abzuweichen und selbst neue Wege zu finden, die es dem Schüler ermöglichen, seinen eigenen Weg zu finden. Dabei halte ich Bücher, wie beispielsweise "Winning ugly" von Brad Gilbert für ein denkbar ungeeignetes Mittel, einem Interessenten neue Methoden für ein erfolgreiches Spiel in die Hand' zu geben. Hier wird propagiert, Methoden anzuwenden, die gegen die Psyche eines Mitspielers gerichtet sind, und das ist meiner Meinung nach ein unfairer Weg, weil er keinen Respekt vor dem Gegner zulässt.
5. Vom Lehren und Lernen
Als ich in die Schule kam und ein paar Jahre dabei war, da war mir das Lernen zuwider, und ich sehnte den Tag herbei, an dem ich mein Abschlusszeugnis erhalten würde. Danach ging es in der Berufsausbildung wieder los,und ich sehnte den Tag herbei, an dem meine letzte Prüfung sein würde. Als dieser Tag kam, da meinte ich, jetzt brauche ich nie wieder etwas zu lernen.
Tatsächlich, in den folgenden Jahren bis heute habe ich kein Lesebuch oder Rechenbuch mehr in die Hand genommen. Aber ich habe festgestellt, dass nach meiner letzten Prüfung das Lernen andere Namen bekam, es hieß nun "Tagung, Fortbildung, Kursus, Seminare“. Heute weiß ich, dass ich ein Leben lang lernen werde, und zwar freiwillig. Mittlerweile habe ich erkannt, dass jemand, der glaubt oder behauptet, er brauche nicht zu lernen, eigentlich zu bedauern ist. Heute weiß ich, dass diese Änderung meiner Meinung ein großes Beispiel für Bewusstseinsänderung war, und wenn es in so einem großen Rahmen möglich ist, so ist es auch in den vorher geschilderten Beispielen möglich und kein unüberwindliches Hindernis. Auch in diesen Bereichen gilt das Loslassen vom Bisherigen. Es ist so einfach und tut nicht weh, aber neue Horizonte eröffnen sich einem.
Es ist doch nur subjektive Überheblichkeit, jemanden glauben zu lassen, geistig für alles gerüstet zu sein. Das Wichtigste zu lernen wird nicht in Büchern gefunden, sondern nur in sich selbst, auf der Suche nach Wahrheit durch sein eigenes Tun. Ist mein Handeln moralisch und ethisch vertretbar, oder verletzt es die Gefühle und Vorstellungen meiner Mitmenschen und Mitspieler ? Die Notwendigkeit, bei allen Handlungen und Entscheidungen auch die Möglichkeit einer vollkommen anderen Entscheidung eines Gegenübers zu berücksichtigen, ist immer vorhanden. Der andere hat häufig eine von mir abweichende Interpretation, und dies bedeutet für mich Toleranzfähigkeit und Einfühlungsvermögen.
Wenn ich dazu in der Lage bin, komme ich zu einem objektiveren Ergebnis, ohne das Gefühl zu haben, ich vergebe mir etwas. Auch das ist Lernen, tägliches Lernen von der Umwelt und von den Menschen. Wenn ich heute eine Trainerstunde gebe, so ist es nicht nur ein Lehren, sondern auch für mich ein Lernprozess. Ich lerne von den Schülern, ich muss herausfinden, wie sie reagieren, was sie wollen und wie sie zu motivieren sind, dann kann ich meine Trainingsmethode individuell auf sie einstellen. Nur wenn der Schüler das Gefühl hat, der Lehrer will für ihn das Beste, kann ein vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut werden. Auch die heutigen Kinder gehen nicht immer gerne in die Schule und wollen im Training lieber spielen als üben. Für sie bedeutet Lernen auch schon mal Zwang.Von der Geburt an werden sie erzogen zu lernen,von den Eltern, im Kindergarten, in der Schule und in der Berufsausbildung. Immer hören sie:“ Du lernst für dein späteres Leben". Und wenn sie dann auf den Tennisplatz kommen, sollen sie wieder lernen. lch kann gut verstehen, dass dann irgendwann die Lust fehlt, im Prinzip immer das Gleiche zu hören und auf Leistung getrimmt zu werden. Dies führt zu dem falschen Glauben, nur wer eine Leistung bringt, die besser ist als die der anderen, gilt etwas, und das führt automatisch zu Überheblichkeit und zum Einsetzen der Ellbogen. Man kann schon bei Kindern feststellen, dass die Besseren nicht oder nur ungern mit Schwächeren spielen wollen, weil sie glauben, es würde ihnen nichts bringen und keinen Spaß machen. Im günstigsten Fall wird der Schwächere in Grund und Boden gespielt, nur um die Überlegenheit des eigenen Spiels zu beweisen. Die Freude am Spiel, die auch mit Schwächeren möglich ist, fehlt zum großen Teil, nur der Sieg, und zwar 'möglichst hoch, zählt.
Leider wird auch schon in frühester Jugend das Konkurrenzdenken gefördert. Ich will nicht abstreiten, dass dies unbewusst geschieht, aber allein das Wissen darum sollte für Eltern, Lehrer und Trainer Grund genug sein, es anders zu machen oder es wenigstens zu versuchen. Und wenn es schon nicht möglich sein sollte, für den Berufsweg diese Einstellung zu vermeiden, so muss es im Sport immer möglich sein. Ein erwachsener Randalierer wird nicht durch das Erwachsensein zum Außenseiter. Die Grundlagen werden in der Jugend gelegt, wodurch deutlich wird,wie hoch die Verantwortung der Ausbilder in der psychologischen Führung von Kindern und Jugendlichen ist.Schlagworte wie Killerinstinkt oder Killerschläge haben im Sport nichts verloren, da sie vollkommen falsche Assoziationen und Aggressionen erzeugen können. Das Spiel wird zum Kampf gegeneinander und nicht zum Vergleich sportlicher und geistiger Fähigkeiten miteinander. Wie schon erwähnt, kommt eine sportliche Höchstleistung auch dann zustande, wenn es keine negativen Empfindungen für den Gegner gibt.
Leider sagen heutzutage auch einige Spitzensportlern, dass man den Gegner hassen muss, um besonders motiviert zu sein. Eine solche Einstellung finde ich bedrückend und respektlos, abgesehen davon, dass es kein gutes Licht auf die sportlichen Fähigkeiten des Spielers wirft, der sich durch solche künstlichen Emotionen aufputschen muss, um den anderen zu besiegen. Der zweite Aspekt ist aber noch schlimmer, denn welche Auswirkungen haben solche Aussprüche auf Fans und Kinder, die in diesem Sportler ihr Idol sehen? Ihm glauben sie alles, und die mühevolle Arbeit, die ein Trainer sich gibt, um die Schönheit des Sports weiterzugeben, ist dahin. Wenn ein Sportler mit solchen Aussagen die Spitze erreicht hat, dann will es der Schüler auch so machen und ignoriert, was der Trainer sagt. Auf diese Art bekommen wir dann Hunderttausende von kleinen Hassern. Aber was passiert mit denjenigen, die eben nicht das Glück und Talent haben, so weit zu kommen. Sie werden frustriert und versuchen diese Frustrationen auf andere Art und Weise zu kompensieren. Sport soll verbinden und nicht entfremden.
Deshalb ist es notwendig, die angehenden Trainer und Lehrer viel intensiver psychologisch zu schulen, um bessere Ergebnisse zu erzielen. In ihrer Hand liegt es auch, die Einstellung auf den richtigen Weg zu leiten, und dafür muss auch die Einstellung und Motivation der Lehrenden stimmen, unabhängig von der ebenso notwendigen Bewusstseinsänderung der im Hintergrund stehenden Presse, Manager und sonstigen verantwortlichen Leute, die mit dem Sport Geld verdienen.
Jeder Trainer hofft, ein großes Talent zu entdecken und an die Spitze zu bringen. Aber heutzutage ist nicht nur ein Trainer notwendig, dies zu erreichen, es benötigt viele Väter. Die Zeiten, da man im Hinterhof ein Talent aufbaut und nach 10 Jahren in der Weltspitze auftaucht, sind vorbei. Der kontinuierliche Aufbau zum Spitzensportler benötigt Zeit und noch mehr Spezialisten, und was das Wichtigste ist, eine Auslese. Jedes Leistungszentrum muss sich irgendwann unter Hunderten getesteter Spieler für einen kleinen Kreis von förderungswürdigen entscheiden. Ob die Auswahl richtig war, ist nicht vorhersehbar, denn es kann viel passieren, sowohl mit den Geförderten als auch mit den Verlierern. Keiner hat eine Garantie, dass er weit kommen wird, doch die Chancen der Verlierer ist noch geringer. Diese müssen selbst sehen, wie sie weiterkommen. Haben wir als Trainer nicht auch die Verantwortung gegenüber denjenigen Schülern, bei denen von vornherein erkennbar ist, dass sie nur wenig Talent haben? Das Training mit diesen Schülern macht genauso viel Spaß, wenn er sieht,wie sich diese Spieler bemühen, um eine für ihre Verhältnisse hervorragende Leistung bringen. Die wenig oder gar nicht talentierten Spieler sollen nicht dazu da sein, den Lebensunterhalt des Trainers zu sichern, sie haben ebenfalls Anspruch auf die volle Einsatzbereitschaft und den Willen des Trainers ihre Begeisterung zu fördern. Diskriminierung gibt es auch im Sport, und Kinder sind feinfühlig genug, um zu spüren, wenn der andere vom Trainer bevorzugt wird. Es ist nicht einfach für den Trainer, es allen Spielern Recht zu machen, sich jedem mit der gleichen Zeit und dem gleichen Einsatz zu widmen.
Der Lohn eines Trainers soll sich nicht in seinem Bankkonto oder in oberen Ranglistenplätzen seiner Spieler ausdrücken, sondern in der Zufriedenheit seiner Schüler. Gibt es etwas Schöneres als ein Kind, dass mit leuchtenden Augen zur Trainerstunde kommt und diese noch hat, wenn die Stunde vorbei ist, obwohl die Vorstellungen des Trainers nicht erfüllt wurden? Wichtiger als die Erfüllung des Plansolls ist das Eingehen auf das Kind und seine Wünsche. Das bedeutet, bis das Ziel erreicht ist, kann es unter Umständen länger dauern als vorgesehen. Im menschlichen oder psychologischen Bereich kann der Erfolg aber schon früher da sein, und dann hält er auch ein ganzes Leben. Der sportliche Ruhm dauert lediglich ein paar Jahre, und es ist nicht einzusehen, dass er schon mit 14 oder 16 Jahren beginnen muss.
Dass die Vermarktung mittlerweile schon in diesem Alter beginnt, kommt ja auch nicht von ungefähr. Mit jugendlichen Siegern kann man offensichtlich in der Werbung besser Dynamik, Kraft und Entschlossenheit verkaufen als mit 30-jährigen. Ein Wimbledonsieg mit 18 Jahren ist doch, objektiv gesehen, auch nicht mehr wert als einer mit 28 Jahren.Wie viele Beispiele gibt es von Jugendlichen, denen der Durchbruch zur Spitze nicht gelungen ist und die heute vergessen sind ? Wer kümmert sich um diese zum Teil verbitterten Sportler, die alles gaben und nun nichts mehr haben. Ob diese Sportler noch Lust haben, ihre Sportart mit Freude und nur aus Freude weiter auszuüben? Im Nachhinein werden sie sich auch die Frage nach dem Warum stellen und ihrer versäumten Kindheit und Jugend nachtrauern. Dabei hilft ihnen keiner, sie stehen wieder allein auf dem Platz des Lebens und müssen damit allein fertig werden.